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Konflikte: Neues Projekt gegen Gewalt an Schulen

Konflikte: Neues Projekt gegen Gewalt an Schulen

Wertebotschafter sprechen mit Berliner Schülern über Freiheit, Toleranz und Liebe. Was hinter dem neuen Projekt gegen Gewalt an Berliner Schulen steckt.

An Berliner Schulen mit besonderen Konflikten und Gewaltproblemen startet ein neues Projekt zur Wertevermittlung. Sogenannte Wertebotschafter sollen dabei mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen – zum Beispiel über Familie, Religion, Freiheit, Gleichberechtigung, Liebe, Vertrauen, Toleranz und Selbstbestimmung. Die genauen Themen dürfen dabei die Schüler selbst bestimmen. 

Im Zuge des Vorhabens werden auch sogenannte Wertelotsen unter den Schülern ausgebildet und Lehrkräfte gezielt fortgebildet, wie Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bei der Vorstellung des Projekts an der Friedrich-Bergius-Schule mitteilte. Ziel ist es, Schülern mehr Orientierung zu geben, Konflikten vorzubeugen, Ideen zur Konfliktlösung zu vermitteln sowie ein Klima von gegenseitiger Wertschätzung und Vertrauen an Schulen zu schaffen. 

Bildungsverwaltung arbeitet mit GermanDream zusammen

Bei dem Projekt arbeitet die Bildungsverwaltung mit der Initiative GermanDream zusammen, die bundesweit schon seit sechs Jahren solche Angebote macht. In Berlin sind innerhalb von zwei Jahren zunächst 200 Veranstaltungen mit Schülern an etwa 100 weiterführenden Schulen geplant, sogenannte Wertedialoge. Hinzu kommen 59 Fortbildungen für 1.300 Lehrkräfte.

Gewalt und Konflikte im schulischen Alltag seien ein ernstes Problem und belasteten Schüler, Lehrkräfte und Eltern, so Günther-Wünsch. « Wir leiten einen Richtungswechsel ein vom Wegsehen und Kleinreden hin zu transparenten Verfahren und Unterstützung für Schulen. » 

« Probleme benennen »

Probleme mit Gewalt und Konflikten an Schulen dürften nicht länger relativiert oder ignoriert werden. « Wir können die Schulen damit auch nicht länger allein lassen, sondern müssen uns ein stückweit ehrlich machen und auch als Bildungsverwaltung die geeigneten Maßnahmen ergreifen und die Realitäten anerkennen. » Das Projekt zur Wertevermittlung sei hier ein Baustein. « Ich bin sicher: Wenn wir gute Präventionsarbeit leisten, können wir vielen Konflikten und Gewaltvorfällen vorbeugen », so Günther-Wünsch.

Nach den Worten der Gründerin von GermanDream, Düzen Tekkal, sind viele Schüler heutzutage geplagt von Verunsicherung, Ängsten, Einsamkeit und Druck – in einer Welt, die sich rapide wandele und von Krisen erschüttert werde. Bei den Wertedialogen gehe es darum, Räume zu schaffen und Lösungswege aufzuzeigen. Dabei würden auch konfliktbeladene Themen wie Rassismus nicht ausgespart. Wichtig sei dabei, auf Augenhöhe mit den jungen Menschen und mit Respekt zu arbeiten, all ihre Sorgen und Nöte wirklich ernst zu nehmen.  

Neue Verfahren zur Datenerhebung  

Die Senatorin verwies darauf, dass die Bildungsverwaltung im Zusammenhang mit Gewalt an Schulen ein neues Meldeverfahren eingeführt habe. Im Schuljahr 2024/2025 hätten sich 82 Prozent aller Berliner Schulen daran beteiligt, genau 599 Schulen. Davon meldeten 53,6 Prozent Vorfälle mit körperlicher Gewalt, 9,2 Prozent angedrohte Gewalt, 7,5 Prozent selbstverletzendes Verhalten von Schülern und 4,3 Prozent Übergriffe auf Schulpersonal. 

Um die Datenbasis weiter zu verbessern, ist eine Umfrage zu Gewalt an Schulen gegen Lehrer und Schüler geplant, wie Günther-Wünsch ergänzte. Sie wird im November/Dezember unter Beteiligung von Wissenschaftlern durchgeführt, die Ergebnisse sollen im zweiten Quartal 2026 vorliegen.

Bergius-Schule galt als Problemschule  

Dass das neue Projekt zur Wertevermittlung an der Bergius-Schule in Friedenau vorgestellt wurde, ist kein Zufall. Die Schule war vor einem Jahr nach Vorfällen mit gewaltbereiten Schülern und einem Brandbrief des Kollegiums in die Schlagzeilen geraten. 

Mittlerweile ist es dem seit Anfang 2025 amtierenden neuen Schulleiter Engin Çatik laut Bildungsverwaltung gelungen, die Lage mit Hilfe diverser Maßnahmen zu beruhigen. Auch Wertedialoge mit Schülern gibt es an der Schule schon testweise. « Nicht alle Herausforderungen werden von heute auf morgen gelöst. Aber man muss sie angehen », sagte Çatik.



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Publish date : 2025-11-10 12:58:00

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