Im Gazastreifen kommen drei weitere aus Israel entführte Männer aus der Gewalt der islamistischen Hamas frei. Einer der drei besitzt auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Israels Außenminister hat die von der Hamas freigelassenen Geiseln angesichts ihrer augenscheinlich schlechten körperlichen Verfassung mit Überlebenden der Schoah verglichen. « Die israelischen Geiseln sehen aus wie Holocaust-Überlebende », schrieb Gideon Saar auf der Plattform X. Nur die Geiseln hätten offensichtlich Hunger gelitten. Mit Blick auf die bei der Freilassung Anwesenden schrieb er: « Hamas-Terroristen und andere Bewohner des Gazastreifens sehen vollkommen gesund aus. »
Aufnahmen der abgemagert, schwach und blass aussehenden Geiseln sorgten in Israel für Entsetzen. Aufnahmen der Freilassung zeigten Hunderte Schaulustige, darunter vor allem viele junge Männer und bewaffnete Hamas-Mitglieder. Es war unklar, ob die Hamas gezielt Palästinenser als Teilnehmer ausgewählt hatte. Die islamistische Terrororganisation nutzt die Freilassungen als Machtdemonstrationen.
Die islamistische Hamas hatte im Rahmen eines Waffenruhe-Abkommens mit Israel drei weitere Geiseln im Gazastreifen an das Rote Kreuz übergeben. Ohad Ben Ami, 56, Or Levy, 34, und Eli Scharabi, 52, kamen am 491. Tag ihrer Geiselhaft in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens frei, wie in Fernsehaufnahmen live zu sehen war.
Die israelische Armee bestätigte die Übergabe der Geiseln durch die Hamas unter Berufung auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Die Helfer sollten die abgemagert aussehenden Männer in Kürze an das israelische Militär übergeben.
Im Gegenzug für ihre Freilassung sollten 183 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Darunter sind 18 mit lebenslangen Haftstrafen und 111 Palästinenser, die nach dem 7. Oktober im Gazastreifen festgenommen wurden.
Aviva Siegel Geisel der Hamas 12.12
Hunderte Schaulustige verfolgten die Geiselübergabe, wie Fernsehaufnahmen zeigten. Anders als vor knapp anderthalb Wochen gab es aber keine drängelnde Menge und kein Chaos, durch das sich die Geiseln einen Weg bahnen mussten. Auch zahlreiche vermummte und zumeist mit Maschinenpistolen bewaffnete Hamas-Mitglieder waren anwesend – wie auch bei den vorigen Geisel-Freilassungen.
Wer sind die drei freigelassenen Hamas-Geiseln?
Ohad Ben Ami kam nach 491 Tagen in Gefangenschaft frei
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Ohad Ben Ami
Der 56-Jährige, der Berichten zufolge auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wohnt im Kibbuz Beeri in der Nähe des Gazastreifens. Von dort wurde der Buchhalter der Siedlung während des Massakers der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt.
Auch seine Frau Ras Ben Ami fiel den Islamisten in die Hände und wurde ebenfalls in den Gazastreifen entführt. Sie kam bei einer Feuerpause im November 2023 frei. Eine der Töchter stellte ein Video ins Netz, in dem die Freude und Erleichterung über die Ankündigung der Freilassung zu sehen ist. « Endlich wird mein Herz wieder eins », schrieb sie dazu, wie die Zeitung « Times of Israel » berichtete.
Or Levy wurde aus einem Schutzraum verschleppt, seine Frau von der Hamas getötet
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Or Levy
Seine Geschichte ist trauriger. Der 34-Jährige war am 7. Oktober 2023 mit seiner Frau Einav auf dem Nova-Musikfestival nahe der Grenze zum Gazastreifen, als die Islamisten ihr Massaker begannen. Ihren kleinen Sohn hatten sie bei seinen Großeltern gelassen. Vor den marodierenden Palästinensern flüchtete das Paar in einen der Betonschutzbauten, die als Unterstände vor Raketenangriffen aus dem Gazastreifen gedacht waren.
Sie sind etwa so groß wie ein Wartehäuschen an einer Bushaltestelle und haben keine verschließbaren Türen. Deshalb wurden sie für viele Schutzsuchende zur Todesfalle, weil die Terroristen Handgranaten hineinwarfen oder hineinschossen. Auch Ors Frau Einav starb dort. Er selbst wurde verschleppt. Nachdem Ors Freilassung angekündigt worden war, sagte sein Bruder dem kleinen Sohn Ors: « Mogi, wir haben Vati gefunden. » Der Junge sei vor Freude auf dem Bett herumgehüpft.
Eli und Yossi Scharabi auf einem undatierten Foto. Während Eli nun von der Hamas freigelassen wurde, starb sein Bruder in der Gefangenschaft
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Eli Scharabi
Ihn hat es am schwersten getroffen. Auch der 52-Jährige wohnte mit seiner aus Großbritannien stammenden Frau Lianne und ihren zwei Töchtern Noija und Yahel wie Ben Ami im Kibbuz Beeri. Die Islamisten löschten seine Familie aus. Sie ermordeten Scharabis Frau und die beiden Töchter im Schutzraum des Wohnhauses.
Scharabi selbst wurde zusammen mit seinem nebenan wohnenden Bruder Jossi gefangen genommen und in den Gazastreifen verschleppt. Gut drei Monate später bestätigten die israelischen Behörden, dass auch der Bruder getötet worden und seine Leiche im Gazastreifen sei.
Die Familie von Scharabi schrieb einem Bericht « Times of Israel » zufolge: « Heute wollen wir ihm mehr denn je zeigen, dass er nie allein war. » Aber es wird schwer werden, weiß sein Bruder Scharon. « Meine Lebensaufgabe ist es, Eli lebend zurückzubringen, aber ich weiß nicht, wie er weiterleben soll, wenn er erfährt, dass er keine Familie mehr hat. Wie kann man jemandem helfen, sich davon zu erholen », sagte er der Zeitung « Haaretz » im vergangenen Herbst.
76 Geiseln werden weiter im Gazastreifen festgehalten
Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hat die Hamas damit bereit 16 von insgesamt 33 israelischen Geiseln freigelassen, die während der ersten Phase der dreistufigen Vereinbarung von der Hamas übergeben werden sollen. Außerdem ließ die Terrororganisation fünf Thailänder frei, dies aber nicht als Teil der Vereinbarung mit Israel.
Die Hamas hatte zuvor mitgeteilt, dass acht der 33 israelischen Geiseln tot seien. Um wen genau es sich dabei handelt, ist unklar.
Nach der Freilassung drei weiterer Verschleppter werden jetzt noch insgesamt 76 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. 35 von ihnen sind israelischen Angaben zufolge tot. Die nächsten Geiseln sollen am kommenden Wochenende freikommen. Insgesamt sollen in der ersten Phase mehr als 1.900 palästinensische Häftlinge im Austausch für die Geiseln freikommen.
Gaza-Listicle 14.14
Bemühungen um zweite Phase der Waffenruhe laufen
Die Waffenruhe war bei mühsamen indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens ausgehandelt worden. Es laufen Bemühungen um eine Einigung auf eine zweite Phase der Vereinbarung, die zu einem endgültigen Ende des Kriegs und zur Freilassung der restlichen Geiseln führen soll.
Im Rahmen der ersten Phase der Waffenruhe war vor einer Woche erstmals seit fast neun Monaten der ägyptische Grenzübergang zum Gazastreifen im südlichen Rafah wieder geöffnet worden. Patienten aus dem Küstenstreifen wurden zur Behandlung nach Ägypten gebracht und humanitäre Hilfsgüter über den Übergang in den Gazastreifen transportiert. Zuvor konnten Hunderttausende Binnenflüchtlinge aus dem Süden des Gazastreifens in den Norden zurückkehren.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde aktualisiert.
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Publish date : 2025-02-08 15:27:00
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