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Krieg in der Ukraine: Starlink-Killer Kalinka: So will Putin die ukrainische Kommunikation stören

Krieg in der Ukraine: Starlink-Killer Kalinka: So will Putin die ukrainische Kommunikation stören

Russlands Kalinka-System greift Elon Musks Starlink an: Wie Putins Technik die ukrainische Kommunikation bedroht und den Krieg im Weltraum neu definiert. 

Die Ukrainer konnten der russischen Invasion 2022 widerstehen. Ein wesentlicher Faktor dabei war der Zugang der ukrainischen Streitkräfte zum Starlink-System von Elon Musk. Anders als militärische Satelliten ist dieses System auf eine Vielzahl von Nutzern mit hohem Datenaufkommen ausgelegt. 

Durch die niedrige Flughöhe der Satelliten erreicht Starlink eine schnelle Datenübertragung, die für viele Anwendungen notwendig ist. Das System zeigte, dass auch die Kommunikation kleiner militärischer Einheiten untereinander über Satelliten erfolgen kann. Dank der Redundanz von Tausenden Satelliten in der Konstellation konnte Starlink zudem einzelne Ausfälle kompensieren, was seine Robustheit im Kriegsszenario unter Beweis stellte.

Zudem stellte sich heraus, dass die ukrainische Kommunikation über das System stabil blieb und schwer zu stören war. Russland und China erkannten, dass ein Krieg führendes Land ein entsprechendes System für die Kommunikation der eigenen Truppen benötigt. Ein solches Satellitensystem baut Peking derzeit auf. Angeblich soll es in Bezug auf den Datentransfer weitaus leistungsfähiger sein als ältere westliche Lösungen. Chinas Projekt, oft als « Starlink-Pendant » bezeichnet, umfasst Hunderte Satelliten und zielt darauf ab, bis Ende der 2020er-Jahre globale Konnektivität zu bieten, was die geopolitische Konkurrenz im Weltraum verschärft.

Russische Gegenmaßnahmen: Tobol und seine Reichweite

Gleichzeitig wurden Techniken entwickelt, um den Datentransfer des Gegners über Kleinsatelliten zu stören. Russland verfügt derzeit über zwei sehr unterschiedliche Systeme: Tobol und Kalinka. Tobol stört Signale wie GPS und Starlink durch sogenanntes Downlink- oder Uplink-Jamming, also das Blockieren von Signalen zwischen Satelliten und Bodenstationen oder umgekehrt. Es gibt jedoch nur wenige Tobol-Stationen; angeblich sollen es sieben sein. Die Station in Kaliningrad ist unter anderem für GPS-Störungen in der Ostseeregion verantwortlich. Diese Störungen haben seit 2023 Tausende Flüge und den Schiffsverkehr in Nordeuropa beeinträchtigt, was die Nato dazu veranlasste, verstärkt nach Gegenmaßnahmen zu suchen. Tobol soll zudem eine elektromagnetische Glocke erzeugen können, unter der russische Ziele vor satellitengelenkten Waffen geschützt werden.

Kalinka: gezielte Störung von Starlink an der Front

Im Ukrainekrieg ist das Kalinka-System jedoch wichtiger. Es ist keine Waffe, die ganze Regionen oder Länder stört, sondern gezielt Bezirke oder sogar einzelne Terminals ins Visier nimmt. Kalinka ist ein mobiles System; genaue Angaben fehlen, aber es wird angenommen, dass es von einfachen Fahrzeugen transportiert werden kann. Angeblich soll es sogar Starshield-Systeme ausschalten können, eine besonders sichere Variante des Starlink-Systems, die für das US-Militär entwickelt wurde. Berichten zufolge wurde Kalinka in der Region Charkiw eingesetzt, wo es zeitweise Starlink-Verbindungen schwächte, allerdings ohne dauerhafte, flächendeckende Ausfälle zu verursachen.

Während Tobol mit roher Störkraft arbeitet, funktioniert Kalinka intelligenter. Es verdrängt nicht die Originalsignale durch pure Signalstärke, sondern greift gezielt Terminals an. Angeblich hat das System eine Reichweite von etwa 15 Kilometern und ist daher nur im unmittelbaren Bereich der Front einsetzbar. Es benötigt auch keinen auffälligen Sendemast.

Schutzmaßnahmen und der technologische Wettlauf

Bislang ist es in der Ukraine zu keinem flächendeckenden Ausfall von Starlink gekommen. Zudem gibt es einfache Schutzmaßnahmen gegen Kalinka. Da ein Starlink-Terminal nach oben ausgerichtet werden muss, kann es in einer Grube mit einer Auskleidung aus Blechen aufgebaut werden, um es vor den seitlich einfallenden Signalen der Russen weitgehend zu schützen. Auf fliegenden oder schwimmenden Drohnen ist ein solcher Aufbau jedoch nicht möglich. Starlink-Betreiber SpaceX arbeitet zudem an Software-Updates und Signalverschlüsselungen, um die Terminals widerstandsfähiger gegen Störungen zu machen, was den Wettlauf zwischen Angreifern und Verteidigern weiter antreibt.

Russische Berichte über Erfolge des eigenen Systems müssen mit Vorsicht betrachtet werden. Doch selbst wenn sie übertrieben sind, zeigt sich, dass Satellitensysteme wie Starlink nicht länger unangefochten sind. Russland – und vermutlich auch China – arbeiten daran, Starlink und Starshield auszuschalten. Dabei haben sie einen prinzipiellen Vorteil gegenüber dem Betreiber der Satelliten.

Im Drohnenkrieg liefern sich Drohnenbauer und Hersteller von Störtechnik eine endlose Schlacht. Ist ein Störsender erfolgreich, wird die Hardware der Drohnen schnell angepasst. Bei einem Verbrauchsprodukt wie FPV-Drohnen ist das möglich. Ein Satellitensystem hingegen hat, zumindest auf der Hardwareseite, eine wesentlich längere Lebensdauer, während Störsender wie Kalinka ununterbrochen weiterentwickelt und verändert werden können.

Der technologische Wettlauf zeigt, dass die moderne Kriegsführung von der Fähigkeit abhängt, Kommunikationssysteme zu schützen oder zu neutralisieren. Das beeinflusst auch die Entwicklung neuer Satellitengenerationen. 

Militärische Nutzung und militärische Bedrohung können eine Struktur wie bei Starlink problematisch machen. Im Grunde ist es eine private Firma, und die Vielzahl der Kunden stammt nicht aus dem Militär. Die Frage bleibt: Werden diese Kunden die Einschränkungen und Kosten, wie sie militärische Sicherheitsmaßnahmen in der Regel mit sich bringen, tragen?

Quellen: National Interest, India Times. Orbital, Space News



Source link : https://www.stern.de/digital/technik/starlink-killer-kalinka–putins-waffe-gegen-ukrainische-kommunikation-35644048.html

Author : Gernot Kramper

Publish date : 2025-04-16 10:15:00

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