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Bundestagswahl: Berliner Linke gewinnt Bundestagswahl vor CDU und Grünen

Bundestagswahl: Berliner Linke gewinnt Bundestagswahl vor CDU und Grünen

Sensationserfolg für die Berliner Linke bei der Bundestagswahl: Noch nie lag die Partei am Ende auf Platz eins. Die SPD hingegen sackt – ähnlich wie im Bund – auf einen historischen Tiefstwert ab.

Überraschungs-Coup für die Linke, CDU auf einem mäßigen zweiten Platz, starke Zugewinne für die AfD, Verluste für SPD und Grüne: Die Bundestagswahl hat die politischen Verhältnisse im schwarz-rot regierten Berlin gehörig durcheinandergewirbelt. Und nicht alle Parteien können mit Blick auf die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2026 neuen Schwung mitnehmen. 

Nach Auszählung aller Wahlgebiete kam die Linke auf 19,9 Prozent der Zweitstimmen. Sie ist damit fast doppelt so stark wie bei der Wahl 2021 inklusive der Teilwiederholung 2024. Gewonnen hat sie bei Bundestagswahlen in Berlin noch nie, zuletzt lag sie auf Platz vier. 

Mit knappen Abständen folgen CDU, Grüne, AfD und SPD. Besonders bitter ist das Ergebnis für die SPD, die die letzte Wahl noch gewonnen hatte: 15,1 Prozent bedeuten nur Platz fünf und das schlechteste Ergebnis bei Bundestagswahlen in Berlin seit 1990. 

Hohe Wahlbeteiligung 

Während die CDU des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner mit 18,3 Prozent etwas besser abschnitt als bei der vergangenen Wahl (17,2 Prozent), aber unter dem Ergebnis der Union im Bund blieb, verloren die Grünen deutlich auf 16,8 Prozent (2021: 22 Prozent). Die AfD verbesserte sich erheblich auf 15,2 Prozent (2021: 9,4 Prozent) – und lag damit knapp vor der SPD mit 15,1 Prozent (2021: 22,2 Prozent). Das BSW kommt aus dem Stand auf 6,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag laut Wahlleitung bei sehr guten 80,3 Prozent (2021/24: 69,5 Prozent).

Früherer Regierender Bürgermeister Müller raus 

Von den zwölf Berliner Wahlkreisen gewann die Linke vier, CDU und Grüne je drei, AfD und SPD je einen. Der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller unterlag im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf und fliegt nach einer Legislaturperiode wieder aus dem Bundestag, da er nicht auf der SPD-Landesliste steht. 

CDU-Spitzenkandidat Jan-Marco Luczak verlor im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg denkbar knapp gegen den Grünen-Kandidaten Moritz Heuberger, der ganze 61 Stimmen mehr auf sich vereinte. Die Grünen wiederum verloren ihre Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost an die Linke. In Neukölln gewann überraschend der Linke Ferat Koçak, Treptow-Köpenick gewann Seriensieger Gregor Gysi (Linke) erneut souverän. In Marzahn-Hellersdorf siegte AfD-Mann Gottfried Curio knapp vor Mario Czaja (CDU).

Laut dem neuen Wahlrecht ziehen die Sieger im Wahlkreis allerdings nicht wie bisher automatisch in den Bundestag ein. Sie bekommen nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls geht der Wahlkreis leer aus. Fest steht das erst mit Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses durch die Bundeswahlleiterin in der Nacht. 

SPD-Niederlage auch auf Bundesebene 

Auch auf Bundesebene musste die SPD von Kanzler Olaf Scholz herbe Verluste einstecken. Sie stürzt nach den Hochrechnungen mit rund 16 Prozent auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 ab. Berlins SPD-Landesvorsitzende Nicola Böcker-Giannini nannte das Ergebnis einen harten Einschnitt und einen Weckruf für die deutsche Sozialdemokratie. 

Große Freude hingegen gab es bei Berlins Linke. « Das Wahlergebnis zeigt deutlich, dass die Menschen die Linke als Pol der Hoffnung sehen, und diese Hoffnung ist jetzt unser Auftrag für die kommenden Jahre », erklärten die beiden Landesvorsitzenden Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer.

Wegner nicht mit CDU-Ergebnis zufrieden 

Der Regierende Bürgermeister und CDU-Landeschef Kai Wegner erklärte, zwar habe CDU hat die Bundestagswahl mit deutlichem Vorsprung gewonnen und einen klaren Regierungsauftrag erhalten. « Dennoch kann das Wahlergebnis nicht zufriedenstellen. » Von der Debatte um die Brandmauer zur AfD hätten vor allem die politischen Ränder profitiert. Darüber werde zu reden sein. 

Die Grünen-Vorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai erklärten: « Wir hatten von diesem Abend sowohl bundesweit als auch in Berlin mehr erhofft. » Der Verlust des Direktmandats in Friedrichshain-Kreuzberg sei ein herber Schlag.

Die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker sagte: « Das gute Abschneiden in Berlin erfüllt uns mit Genugtuung. Das sind optimale Voraussetzungen für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr. » 

Panne in Wilmersdorf 

Rund 2,4 Millionen Menschen waren in Berlin zur Wahl aufgerufen. Größere Zwischenfälle gab es nach Angaben von Landeswahlleiter Stephan Bröchler nicht. 

Zu einer Panne kam es in Berlin-Wilmersdorf. Dort konnte am Morgen ein Wahllokal in einer Jugendfreizeiteinrichtung nicht wie geplant öffnen. Die Wählerinnen und Wähler wurden zu einer fußläufig entfernten Sekundarschule geleitet, wo sie ihre Stimme abgeben konnten. Gegen Mittag öffnete das ursprüngliche Wahllokal dann doch noch. Ursache der Panne war, dass der Chip für die Tür zunächst nicht funktionierte, wie Bröchler sagte.

Proteste gegen CDU und AfD – mehrere Festnahmen 

Eine Demonstration vor der CDU-Zentrale in Berlin war am Abend deutlich kleiner als erwartet – laut Polizei kamen 75 Teilnehmer, angemeldet waren 750. Bei Protesten nahe der AfD-Bundesgeschäftsstelle gab es drei Festnahmen. 

Jedes Jahr eine neue Wahl in Berlin 

Der Wahltag in Berlin war schon der fünfte innerhalb von dreieinhalb Jahren. Bei der Bundestagswahl 2021 und der gleichzeitigen Wahl zum Landesparlament hatte es in Berlin zahlreiche schwerwiegende Pannen gegeben. Die Abgeordnetenhauswahl musste deshalb 2023 vollständig, die Bundestagswahl ein Jahr später in einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke wiederholt werden. Im Juni 2024 folgte die Europawahl.

Im bisherigen Bundestag waren 25 Berliner Abgeordnete vertreten. SPD und Grüne stellten je sechs, die CDU fünf, AfD und Linke je drei und die FDP zwei.



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Publish date : 2025-02-23 23:43:00

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